Statt oder – bloß weg hier

Und wenn Du denkst, es geht nicht mehr, dann kommt von irgendwo ein richtiges Tief her…

 

Ab heute Abend war wohl nichts, aber wenigstens kehrten dann ab Mitternacht endlich mal ein paar Stunden Ruhe ein. Kurz nachdem es hell wurde, so konnte man die Seegangsverhältnisse außerhalb der Bucht ganz gut einschätzen, ging es los, bloß weg hier. Tatsächlich war so gut wie kein Wind, trotzdem war um Haaresbreite Fische füttern angesagt, aber wir haben gekämpft und alle gewonnen. Nach drei Stunden war das Gröbste dann erledigt und wir liefen in den Ulvesund ein, der uns an Malöy vorbei führte. Hier hörte ich dann auf einmal mein Mobiltelefon klingeln, am Apparat der Hafenmeister von Honningsvagen, wow, ich war echt gerührt!!! J Er erkundigte sich, ob wir gut um die Halbinsel Statt gekommen seien und sagte uns, dass seit 10 Uhr eine Ausfahrt aus Honningsvagen wetterbedingt schon wieder nicht mehr möglich gewesen wäre. Mehrere Meter hohe Wellen brechen sich in der Einfahrt zur Hafenbucht, nichts geht mehr. Mir fällt ein Stein vom Herzen, noch länger dort hängen zu bleiben, wäre nicht gut gewesen. Unser Ziel für heute hieß aber Florö, wo wir dann auch am späten Nachmittag, mal wieder gut durchgeweicht im norwegischen Regen, ankamen. Die sehr guten Sanitäranlagen mit prima heißen Duschen waren dann die Belohnung für den anstrengenden, kalten und nassen Tag.

 

Am nächsten Morgen wieder das gewohnte Bild, es schüttet wie aus Eimern. Aber endlich mal wieder ein richtiger Segeltag, nicht nur kurze Zeit, sondern den größten Teil der Strecke nach Eivindvik legten wir unter Segeln zurück, und dass oft auch recht flott, trotz gereffter Genua. Selbst eine anständige Kreuz legen wir ein, als es einmal genau gegenan geht, sind dann aber doch froh, als wir wieder ein wenig abfallen können und das Gekurbel ein Ende hat. In Eivindvik ist, wie fast überall, absolut nichts mehr los, völlig tote Hose, schwer vorstellbar, das hier irgendwann einmal in der Saison richtig Betrieb sein soll.

 

Mit dem schönen Segeln wird es leider am nächsten Tag nichts, die Fahrt durch die wunderschöne Landschaft mit den engen Fjorden und immerhin ein paar Sonnenstunden müssen wir leider unter Maschine absolvieren. Unser Ziel heute war Strusshamn, ich war total überrascht, wo unsere Lieblingsbauern, die Familie Struss, so unterwegs sind! Respekt, toll investiert, einer der schönsten Häfen, die wir unterwegs gesehen haben!J Strusshamn war früher die Quarantänestation von Bergen und ist ein toll gelegenes, total geschütztes Felsennest, das in trockenerem Wetter sicher noch viel schöner ist, aber auch so seinen Reiz hat. Und ganz nebenher gab es da dann auch noch eine gute Waschmaschine nebst Trockner, so das mal wieder nur saubere Wäsche an Bord der CE war.

 

Am nächsten Morgen starten wir in wenigstens wechselhaften Wetter weiter in Richtung Süden, ständig rauschen über Funk neue Sturmwarnungen herein, Statt ist immer dabei, aber auch die Prognosen für Gebiete die noch vor uns liegen, erfreuen das Seglerherz nicht wirklich. Da das Wetter im Laufe des Tages immer besser wird und sogar mal wieder ein vernünftig zu segelnder Wind dabei ist, entschließen wir uns, den Tagestörn zu verlängern und bis nach Espevaer zu laufen. Diese kleine Insel nördlich von Sletta ist ein wahres Kleinod, Merle, Ulrich und Rainer vom ersten Törnabschnitt können das sicher bezeugen. Wir nutzen die letzte Stunde Tageslicht und machen vor dem Abendessen noch einen kleinen Spaziergang auf der Insel, einfach knuffig! Am Abend geht der Mond über der Cutting Edge auf und dann geht es wieder weiter wie beinahe jeden Abend, für den nächsten Tag: „Gale warning“. Einfache Entscheidung, vor dem schlechten Wetter noch schnell durch die „Danger Sea Area“ Sletta, ein kurzer Schlag unter Segeln soll uns nach Haugesund bringen, bevor das wieder mal schwierig wird. So toll sind die Bedingungen aber auch nicht, dass mit dem Segeln klappt zwar, aber kurz vor Haugesund nähert sich von See eine schulbuchmäßige Böenwalze, wie ich sie vorher selten gesehen habe. Mein Entschluss, das ohnehin schon gereffte Vorsegel (Groß war eh schon keins oben J) komplett wegzurollen, war nicht schlecht, innerhalb weniger Augenblicke rauschten wahre Sturzbäche vom Himmel und wirklich amtliche Böen fegten über die CE hinweg. Schon nach ein paar Minuten war der Spuk vorüber und wir konnten unsere Fahrt nach Haugesund problemlos  fortsetzen. Dort angekommen gab es dann erst einmal ein ausführliches Brunch und dann wurde ein Mittagschläfchen eingelegt, um der etwas zu kurzen Nacht Tribut zu zollen.  By the way, für Statt gibt es mal wieder eine neue „Gale warning“, eigentlich hätte man die gleich durchlaufen lassen können.

 

Von Haugesund führte uns der nächste Abschnitt nach Skudeneshavn, ein Zwischenstopp, der sich wirklich wieder gelohnt hat. Obwohl es schon ein wenig merkwürdig anmutet, wenn man so total verloren in einem Hafen liegt, in dem in der kurzen norwegischen Saison die Boote überall in 5er Päckchen liegen. Ein fauler Tag im Hafen ermöglicht uns den Besuch der beiden geöffneten Cafés des Ortes. Im ersten füllen wir die Kohlenhydratspeicher schon mal mit fantastischem hausgebackenem Kuchen und „Lapper“ (eine Art norwegischer Pancake, ganz was leichtes mit viel Vitaminen und Spurenelementen J) auf, heruntergespült mit einem hervorragenden Cappuccino (um genau zu sein, es waren zwei). Nach einem kurzen Spaziergang weht uns der Wind dann ins zweite Café zu Johannes. Johannes ist 87 und betreibt sein kleines Café seit 26 Jahren alleine, er macht, so die Statements seiner Gäste und Freunde aus aller Welt, die besten Waffeln der Welt, wer wären wir, an diesem Urteil zu kratzen! J Johannes ist ein absolut humorvoller Gastgeber, nicht selbstverständlich für einen Norweger, wie wir ja wissen und er kann eine Menge Geschichten erzählen.

 

Der nächste Tag beschert uns noch einmal vernünftige Bedingungen, die wir nutzen, um die Cutting Edge nach Tananger zu segeln, dem Ziel der letzten Etappe in Norwegen. Wir klaren das Schiffchen auf und am Samstag nach dem Frühstück verabschieden sich Annkatrin und Felix um noch auf den Preikestolen zu wandern, auch wenn die Wettervorhersage keine tolle Aussicht erhoffen lässt.

 

Aber das waren die Beiden ja schon gewohnt, sie haben immerhin mit Abstand die höchsten Windgeschwindigkeiten und den meisten Regen an Bord der CE auf der gesamten Reise durchgestanden, das war manchmal sicher auch nur mit einem gewissen Galgenhumor zu ertragen, aber  Annkatrin und Felix haben diese Etappe von Kristiansund nach Tananger prima mit mir gemeinsam abgewettert, vielen Dank dafür! :-)